Können Rechnungen verjähren?

Denken Sie an eine alltägliche Situation im Geschäftsalltag: Sie schreiben eine Rechnung für eine wichtige Dienstleistung, aber im hektischen Geschäftsalltag gerät diese in Vergessenheit. Monate später fällt Ihnen plötzlich ein: Die Rechnung wurde nie bezahlt.

Diese kleinen, scheinbar unbedeutenden Momente können weitreichende Konsequenzen haben. Denn jährlich verlieren Unternehmen in Deutschland Millionen, weil Forderungen verjähren und nicht rechtzeitig eingefordert werden.

Solche Szenarien sind in der Geschäftswelt nicht ungewöhnlich und leiten uns zu einem wichtigen Thema: der Verjährung von Rechnungen.

Verjährung – ein Begriff, der oft in Verbindung mit juristischen Auseinandersetzungen steht, findet auch in der Wirtschaft eine bedeutende Rolle. Die Verjährung von Rechnungen ist ein Thema, das unweigerlich im geschäftlichen Kontext auftritt und dessen Verständnis für die finanzielle Gesundheit Ihres Unternehmens entscheidend ist. Aber was genau bedeutet Verjährung in diesem Zusammenhang überhaupt?

Durch die Verjährung sind Ihre Forderungen nach Ablauf einer bestimmten Zeit nicht mehr durchsetzbar. Vor 2002 lag diese Frist bei 30 Jahren. Doch mit der Schuldrechtsreform wurde sie auf nur noch 3 Jahre verkürzt, was eine große Veränderung darstellt.

Dieser Zeitrahmen ist gesetzlich festgelegt und läuft ab dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Rechnung ausgestellt wurde. Konkret bedeutet das: Eine Rechnung, die im Jahr 2022 ausgestellt wurde, verjährt am 31. Dezember 2025. Nach Ablauf dieser Frist haben Schuldner:innen das Recht, die Zahlung mit dem Hinweis auf die Verjährung zu verweigern.

Die dreijährige Frist gilt übrigens branchenunabhängig. Egal, ob Sie eine Dienstleistung, Warenlieferung oder einen anderen Service berechnen, die Frist bleibt bestehen.

Wichtig zu beachten ist auch, dass einfache Mahnungen die Verjährungsfrist nicht verschieben. Nur durch Zahlungen oder Sicherheitsleistungen wird die Frist beeinflusst. Sprich, wenn nach der Rechnungsstellung Zahlungen wie Abschlagszahlungen, Zinsen oder Sicherheitsleistungen erfolgen. In einem solchen Fall wird die Verjährungsfrist unterbrochen und es beginnt ab dem Tag dieser Zahlung eine neue dreijährige Frist.

Aber warum gibt es überhaupt eine solche Regelung? Einerseits dient sie dem Schutz der Schuldner:innen, damit diese nicht nach vielen Jahren mit schwer nachvollziehbaren oder gar vergessenen Forderungen konfrontiert werden. Andererseits soll die Regelung auch Sie als Gläubiger:in dazu anhalten, Ihre Ansprüche zeitnah geltend zu machen.

Interessant ist hierbei, dass, selbst Schuldner:innen das für eine bereits verjährte Forderung Geleistete gemäß § 214 BGB nicht zurückfordern können. Dies bleibt selbst dann der Fall, wenn sie zum Zeitpunkt der Zahlung nicht über die Verjährung informiert waren.

Wenn eine Rechnung verjährt, bedeutet das zunächst, dass für Ihre erbrachten Leistungen oder Waren keine finanzielle Kompensation mehr eingefordert werden kann. Dies kann besonders für kleinere Unternehmen oder Existenzgründer:innen gravierende Auswirkungen haben. Eine unbezahlte Rechnung schmälert nämlich nicht nur Ihren Gewinn, sondern beeinträchtigt auch Ihre Liquidität und kann Ihre betriebliche Planung durcheinanderbringen.

Dazu kommen möglicherweise auch noch administrative Kosten. Die Verfolgung ausstehender Zahlungen, vor allem wenn sie kurz vor der Verjährung stehen, kann Ressourcen binden und zusätzliche Ausgaben verursachen. Dazu gehören unter anderem der Aufwand für die Buchhaltung, der Einsatz von Mahnverfahren und gegebenenfalls die Inanspruchnahme einer Rechtsberatung.

Ein weiteres Risiko stellen potenzielle Rechtsstreitigkeiten dar. Kommt es wegen einer ausstehenden Zahlung nämlich zu einem Rechtsstreit, können die damit verbundenen Kosten und der Zeitaufwand enorm sein. Dies gilt insbesondere, wenn die Verjährung der Forderung bereits eingetreten ist, was die Durchsetzung Ihres Anspruchs extrem erschweren oder gar unmöglich machen kann.

Um das Risiko einer Verjährung Ihrer Forderungen zu minimieren und somit finanzielle Einbußen zu vermeiden, gibt es effektive Strategien, die Sie anwenden können:

• Kundenprüfung: Vor der Auftragsannahme ist es ratsam, die Bonität und Zuverlässigkeit Ihrer Kundschaft zu überprüfen. Nutzen Sie dafür verfügbare Online-Tools oder tauschen Sie sich mit Kolleg:innen über deren Erfahrungen aus.
• Korrekte Rechnungsstellung: Achten Sie darauf, dass Ihre Rechnungen alle gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Klare und korrekte Rechnungsangaben sind essenziell, um Verzögerungen bei der Zahlung zu vermeiden. Tipps für die Erstellung Ihrer Rechnungen finden Sie hier. Übrigens können auch Rechnungsvorlagen bei der Rechnungsstellung helfen.
• Schnelle Rechnungsstellung: Stellen Sie die Rechnungen zeitnah nach der Leistungserbringung aus. Dies reduziert administrativen Aufwand und gibt Ihnen mehr Spielraum, sollte es zu Zahlungsverzögerungen kommen.
• Klare Zahlungsbedingungen: Formulieren Sie eindeutige Zahlungsbedingungen und ein festes Fälligkeitsdatum auf Ihren Rechnungen. Dies erleichtert die Zahlungsüberwachung und -durchsetzung.
• Vorschüsse nutzen: Besonders bei größeren Projekten oder wenn Sie Material vorfinanzieren müssen, ist es ratsam, Vorschüsse zu verlangen. Dies reduziert Ihr finanzielles Risiko und sichert die Vorfinanzierung.
• Regelmäßige Überprüfung offener Posten: Nutzen Sie Softwarelösungen, um offene Posten regelmäßig zu überprüfen und rechtzeitig auf ausbleibende Zahlungen zu reagieren.
• Effizientes Mahnwesen: Reagieren Sie schnell mit einer Mahnung, wenn eine Zahlung überfällig ist. Eine strukturierte Vorgehensweise ermöglicht es Ihnen, rechtzeitig zu handeln und bei Bedarf ein gerichtliches Mahnverfahren einzuleiten.
• Teilzahlungen bei großen Aufträgen: Bei umfangreichen Projekten kann es sinnvoll sein, Teilrechnungen zu stellen. Dies erleichtert Ihrer Kundschaft die Zahlung und reduziert das Risiko, bei Nichtzahlung hohe Summen zu verlieren.
• Hemmung und Neubeginn der Verjährungsfrist: Überprüfen Sie gegen Jahresende, ob Verjährungsfristen für ausstehende Forderungen anstehen. Die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens oder die Erhebung einer Klage kann die Verjährungsfrist hemmen.
• Professionelle Unterstützung: In komplexen Fällen kann es hilfreich sein, einen professionellen Inkasso-Service oder eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen. Diese Expert:innen können die erforderlichen Schritte effizient und rechtssicher für Sie durchführen.

Grundsätzlich gibt es keine Obergrenze, wie weit rückwirkend eine Rechnung gestellt werden kann. Das bedeutet, dass Sie theoretisch auch für Leistungen, die Sie vor zwei Jahren oder sogar länger erbracht haben, eine Rechnung ausstellen können, vorausgesetzt, Sie können nachweisen, dass diese Leistung tatsächlich erbracht wurde.

Allerdings sollten Sie als Unternehmer:in gleichzeitig die gesetzlichen Fristen zur Rechnungsstellung im Auge behalten. Nach § 14 UStG ist es vorgeschrieben, Rechnungen spätestens sechs Monate nach Leistungserbringung auszustellen. Diese Regelung dient der korrekten Abrechnung und der Umsatzsteuererfassung. Bei Nichteinhaltung dieser Frist können sogar Bußgelder drohen, besonders wenn es um umsatzsteuerpflichtige Leistungen geht.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Verjährung einer Forderung nicht mit der Rechnungsstellung, sondern mit der Leistungserbringung beginnt. Das heißt, dass die dreijährige Verjährungsfrist erst ab dem Zeitpunkt der Leistungserbringung abläuft.

Eine späte Rechnungsstellung kann tatsächlich in manchen Fällen aus buchhalterischer Sicht sinnvoll sein, jedoch sollten Sie stets die Verjährungsfristen und die rechtlichen Anforderungen im Blick behalten. Es empfiehlt sich daher eher, Rechnungen zeitnah auszustellen, um sicherzustellen, dass Ihre Ansprüche bestehen bleiben und durchsetzbar sind.

Gerade im Handwerksbereich ist es eine alltägliche Frage: Wie lange darf nach Erbringung einer Leistung gewartet werden, bis die Rechnung gestellt wird? Dies ist nicht nur für Handwerker:innen selbst, sondern auch für ihre Kund:innen von Bedeutung.

Dafür ein praxisnahes Beispiel: Ein Handwerksbetrieb führte am 1. Juli 2020 eine Arbeit aus, stellte aber zunächst keine Rechnung. Geht die Rechnung dann am 1. April 2023 bei einem Kunden ein, befindet sie sich noch innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist. Der Kunde ist in diesem Fall dazu verpflichtet, den Betrag zu begleichen.

Wenn die gleiche Rechnung den Kunden allerdings erst im Januar 2024 erreicht, hat sich die Lage geändert. Die Forderung des Handwerksbetriebs ist dann bereits verjährt. In diesem Fall ist der Kunde nicht mehr rechtlich verpflichtet, die Rechnung zu bezahlen und kann sie archivieren.

Die Verjährung von Schulden ist ein komplexes Thema, das sowohl die Verjährung von Forderungen als auch spezielle Fälle, wie z. B. Steuerschulden, umfasst. Im Steuerrecht wird zwischen zwei Arten der Verjährung unterschieden: der Festsetzungsverjährung und der Zahlungsverjährung.

Die Festsetzungsverjährung beträgt in der Regel vier Jahre und beginnt mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. In Fällen von Steuerhinterziehung oder leichtfertiger Steuerverkürzung verlängert sich diese Frist auf zehn bzw. fünf Jahre. Die Zahlungsverjährung hingegen, also die Verjährung bereits festgesetzter Steuerschulden, beträgt fünf Jahre und beginnt nicht vor dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuerfestsetzung oder -anmeldung wirksam geworden ist.

Zunächst einmal: Das bloße Versenden einer Mahnung oder das Einleiten von Inkasso-Maßnahmen hat keinen Einfluss auf die Verjährungsfrist. Diese Aktionen dienen lediglich als Erinnerung oder Druckmittel, um den oder die Schuldner:in zur Zahlung zu bewegen.

Um die Verjährungsfrist effektiv zu verlängern, ist ein gerichtliches Mahnverfahren erforderlich. Durch die Einleitung eines solchen Verfahrens ändert sich die Sachlage grundlegend: Die Verjährungsfrist verlängert sich dann auf bis zu 30 Jahre. Dieser Schritt ist besonders in Fällen sinnvoll, in denen hohe Summen offen sind oder wenn es sich um langfristige Geschäftsbeziehungen handelt.

Wenn Sie international agieren oder planen, dies zu tun, ist es wichtig, sich auch mit der Verjährung von Rechnungen in anderen Ländern auseinanderzusetzen. Die Regelungen können sich nämlich deutlich von denen in Deutschland unterscheiden.

Österreich: Hier gibt es grundsätzlich zwei Verjährungsfristen – eine von 3 Jahren und eine von 30 Jahren. Für die meisten Rechnungen gilt eine Verjährungsfrist von 3 Jahren. Interessant ist jedoch, dass sich in Österreich die Verjährungsfrist um den Zeitraum der Verspätung verlängert, falls eine Rechnung verspätet ausgestellt wird. Zudem wird die Verjährungsfrist unterbrochen und beginnt von Neuem, wenn Mängel behoben oder Nachbesserungen an einer Leistung vorgenommen werden.

Schweiz: Die Verjährungsfristen in der Schweiz variieren stärker und hängen von der Art der Rechnung ab. Es gibt Fristen von 1 Jahr (für allgemeine Schadensersatzansprüche und bestimmte Mängel), 2 Jahren (für spezifische Schadensersatzansprüche), fünf Jahren (für Handwerkerrechnungen, Honorare, periodische Leistungen, Mängel bei Kauf und Umbau von Immobilien sowie Arbeitslohn) und 10 Jahren (für Darlehensrechnungen, Schadensersatz aus Vertragsverletzungen und Steuerschulden). Sehr lange Verjährungsfristen von 20 Jahren gelten für Verlustscheine.